Aufarbeitung einer Familiengeschichte

„Die Brüder Himmler“ – Vortrag von Katrin Himmler an der Hochschule Kehl

Katrin Himmler, Großnichte Heinrich Himmlers, hat am 16. Oktober 2025 einen Vortrag zu ihrer Familiengeschichte an der Hochschule Kehl gehalten. Die Politikwissenschaftlerin und Autorin thematisierte unter anderem, weshalb der Nationalsozialismus und die Ideologie der „Herrenmenschen“ auch für die Großeltern, Großonkel und viele andere Deutsche attraktiv erschienen. Zudem schilderte sie, wie in der Himmler-Familie – und in anderen deutschen Familien – nach 1945 mit der gemeinsamen Verantwortung für NS-Verbrechen umgegangen wurde und welche Auswirkungen die deutsche Geschichte bis heute auf die nachfolgenden Generationen hat.

„Mein Großvater und seine Brüder führten ein privilegiertes Leben vor dem Zweiten Weltkrieg. Sie hatten Eigentum, machten Karriere und fuhren mit ihren Kindern in den Urlaub“, erzählte Katrin Himmler. Die Menschen lebten in einer „Scheinidylle“, denn die Regierung stabilisierte nach der Weimarer Republik das Land enorm, indem sie die Arbeitslosigkeit bekämpfte, das Kindergeld einführte und sich für viele weitere Vergünstigungen für die Bürgerinnen und Bürger starkmachte. Laut Katrin Himmler waren beinahe alle ihrer Verwandten zu jener Zeit von der Ideologie der NSDAP überzeugt gewesen, und selbst die weiblichen Familienmitglieder haben dies durch eine Mitgliedschaft in der Partei kundgetan.

 

Erinnerungskultur und Aufarbeitung

„Über die Vielzahl an Verbrechen und leidvollen Erfahrungen zu jener Zeit wurde nicht gesprochen. Auch schwieg man die Mitverantwortung an Mord und Raub tot – so auch innerhalb meiner Familie“, sagte Katrin Himmler, welche sowohl Dankbarkeit als auch die Distanzierung einiger Familienmitglieder erleben musste, als sie sich auf Recherche zu ihrer Familiengeschichte begab. Sie sei mit sich und ihrer Verwandtschaft im Reinen und habe keinen Grund sich zu schämen. „Mit der Veröffentlichung meines Buches fiel eine große Last von mir ab. Ich habe getan was ich konnte, um mich diesem Thema zu stellen und es aufzuarbeiten“, so die Autorin.

Die Botschaft Katrin Himmlers war klar: „Wir müssen uns erinnern, damit weder eine Verharmlosung noch eine Umdeutung der Geschichte und der Ideologie stattfinden kann“. Wissen dürfe nicht lückenhaft, sondern müsse in Gänze vermittelt werden. Daher erachte sie die Erinnerungskultur und Demokratiebildung als erforderlich für die Bildung der Menschen. „Leider stelle ich immer mehr fest, dass jedoch genau hier mehr und mehr Gelder eingespart werden. Das ist fatal“, fasste Katrin Himmler zusammen und beleuchtet die aktuelle Lage Deutschlands: „Trotz auch heute existierender multipler Krisen, befindet sich Deutschland in einer sehr guten Lage. Diese lässt sich überhaupt nicht mit dem Deutschland zur Weimarer Republik vergleichen. Und trotzdem sind Zukunftsängste gerade weit verbreitet, welche von Rechtsextremen bewusst verstärkt und fälschlicherweise mit Migration verknüpft werden – was ihnen wiederum großen Zulauf beschert.“

 

Heinrich Himmler

Heinrich Himmler wurde am 7. Oktober 1900 in München geboren. 1923 beteiligte er sich als Mitglied des Bundes der „Reichskriegsflagge“ unter SA-Stabschef Ernst Röhm am gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch. Kurz darauf trat Heinrich Himmler der NSDAP bei. 1929 ernannte ihn Adolf Hitler zum Reichsführer der Schutzstaffel. Vier Jahre später arbeitete Heinrich Himmler als Polizeipräsident von München. Später wurde er Chef der Deutschen Polizei, Reichskommissar sowie Reichinnenminister. Heinrich Himmler hatte die Idee einer germanischen Volksgemeinschaft und gilt als verantwortlich für den Massenmord an Millionen Juden, Behinderten und Oppositionellen. Am 20. Mai 1945 wurde er von der britischen Armee gefangengenommen. Wenige Tage später nahm sich Heinrich Himmler das Leben.

 

Die Vortragsrednerin

Katrin Himmler ist Politikwissenschaftlerin, Autorin und Großnichte Heinrich Himmlers. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit familiären Überlieferungen über die NS-Zeit, deren kritische Hinterfragung sie als eine wichtige Form der gesellschaftlichen Auseinandersetzung sowohl mit dem Nationalsozialismus als auch mit heutigem Rechtsextremismus und Rechtspopulismus versteht. Veröffentlichungen u. a.: „Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte“ (2005) und, gemeinsam mit dem Historiker Prof. Dr. Michael Wildt, „Himmler privat. Briefe eines Massenmörders“ (2014).

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