Analyse der Gemeinderatswahl 2024

Studierende der Hochschule Kehl erforschen Veränderungen und Trends im Vergleich zur Kommunalwahl 2019

Die Kommunalwahl ist eine der zentralen demokratischen Entscheidungen in Deutschland, welche die Bürger*innen politisch unmittelbar betrifft. Gerade die Zusammensetzung der Gemeinderäte hat einen direkten Einfluss auf die Gestaltung der Kommunen. Die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl beschäftigt sich im Rahmen von Forschungsprojekten immer wieder mit derartigen Themen. Vor diesem Hintergrund haben sich zwölf Studierende des Bachelorstudiengangs „Public Management“ mit der Frage auseinandergesetzt, welche Veränderungen die Gemeinderatswahl 2024 im Vergleich zur Wahl 2019 mit sich gebracht hat. Geleitet wurde das Projekt von Prof. Paul Witt, dem früheren Rektor der Hochschule Kehl. Ziel der Untersuchung war es, Entwicklungen bei der Wahlbeteiligung, der Zusammensetzung der kommunalen Gremien und im Wahlverhalten zu analysieren.

Um eine möglichst breite und repräsentative Datengrundlage zu schaffen, wurden vier Landkreise (Emmendingen, Ortenaukreis, Rastatt und Sigmaringen), sowie alle neun Stadtkreise in Baden-Württemberg (Baden-Baden, Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Stuttgart und Ulm) angefragt. Mithilfe der Plattform „Umfrageonline“ sollte die Befragung durchgeführt werden. Insgesamt beteiligten sich 59 Gemeinden und sieben Stadtkreise.

Die Analyse konzentrierte sich auf neun zentrale Hypothesen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass der Frauenanteil in den Gemeinderäten der untersuchten Kommunen entgegen der ursprünglichen Annahme leicht gesunken ist. Während landesweit ein geringer Anstieg des Frauenanteils um 0,6 Prozentpunkte zu verzeichnen war, zeigen die Ergebnisse in den befragten Städten und Gemeinden eine gegenläufige Entwicklung. Diese Diskrepanz verdeutlicht, dass strukturelle Barrieren nach wie vor eine große Herausforderung für die politische Teilhabe von Frauen darstellen.

Eine weitere zentrale Veränderung ist die erstmalige Möglichkeit für 16- und 17-Jährige bei Gemeinderatswahlen zu kandidieren. Dies führte dazu, dass 2024 insgesamt 27 Jugendliche unter 18 Jahren zur Wahl antraten, von denen vier ein Mandat erhielten. Zudem lässt sich ein genereller Anstieg junger Gemeinderäte in der Altersgruppe bis 27 Jahre feststellen, was auf eine wachsende politische Partizipation junger Menschen hinweisen könnte.

Die Wahlbeteiligung bei der Wahl 2024 stieg im Vergleich zur Wahl 2019 sowohl in den befragten Gemeinden als auch im Landestrend an. Während sie in den befragten Kommunen von 64,06 % auf 66,1 % anstieg, erhöhte sich die landesweite Beteiligung von 58,6 % auf 60,9 %. Besonders auffällig ist die Zunahme der Gemeinden mit einer Wahlbeteiligung von über 70 %, die sich von sechs Gemeinden auf 17 fast verdreifachte. Mögliche Gründe hierfür könnten ein gesteigertes Interesse an kommunalen Themen oder eine aktivere Wahlkampfführung sein.

Ein weiteres zentrales Thema war die Nutzung sozialer Medien im Wahlkampf. Obwohl diese Plattformen eine zunehmend wichtige Rolle spielen, ergab die Umfrage, dass rund 36 % der befragten Kommunen keine verstärkte Nutzung im Vergleich zum Jahr 2019 wahrnahmen. Dies könnte darauf hindeuten, dass vor allem größere Parteien mit höheren finanziellen Ressourcen soziale Medien intensiver als Werbeplattform nutzen. Kleinere Gruppierungen hingegen bevorzugen eher traditionelle Wahlkampfmethoden.

Auch die Zusammensetzung der Gemeinderäte hinsichtlich Vielfalt und Parteistrukturen wurde untersucht. Während es im Jahr 2024 zwar mehr Wahlvorschläge von kleineren Parteien und Wählervereinigungen gab, schlug sich dies nicht signifikant in einem veränderten Wahlergebnis nieder. Dies zeigt, dass Wähler*innen oft an etablierten Kandidat*innen festhalten, denen sie bereits zuvor Vertrauen entgegenbrachten.

Ein weiterer Untersuchungsgegenstand betraf die Freien Wähler. Entgegen der Annahme, dass sie Verluste erlitten haben könnten, konnten sie in kreisangehörigen Gemeinden ihren Stimmenanteil von 38,63 % auf 41,98 % steigern. In den Stadtkreisen hingegen verzeichneten sie Verluste und sanken von 8,12 % auf 5,84 %. Diese Entwicklung könnte sich darauf zurückführen lassen, dass in kleineren Gemeinden persönliche Bekanntheit eine größere Rolle spielt, während in Stadtkreisen parteipolitische Aspekte stärker ins Gewicht fallen.

Zusammenfassend zeigt die Analyse der Kommunalwahl 2024 im Vergleich zur Kommunalwahl 2019 eine Reihe von Veränderungen und Trends. Während die Wahlbeteiligung gestiegen und die politische Partizipation junger Menschen zugenommen hat, bleibt die Repräsentation von Frauen sowie Menschen mit Migrationshintergrund auf einem niedrigen Niveau. Die Untersuchung verdeutlicht, dass weiterhin gezielte Maßnahmen zur Förderung der politischen Teilhabe verschiedener Bevölkerungsgruppen erforderlich sind. Die Ergebnisse der Studie können damit einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über zukünftige Entwicklungen und Strategien in der Kommunalpolitik Baden-Württembergs leisten.

Die Dokumentation der Ergebnisse kann unter www.hs-kehl.de/studentische-projekte heruntergeladen werden.

Foto (Hochschule Kehl): Die Projektgruppe (v.l.n.r. vorne) Jenny Kastalion, Nele Reiser, Lukas Hug, Adrian Schneider, Silas Bengel, Moritz Hajek, Prof. Paul Witt, (v.l.n.r. hinten) Sanja Schmidt, Beate Romina Dornfried, Daniel Marz, Perine Kurz, Jennifer Hug, Leonie Ehrhart

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